MH – Maligne Hyperthermie

 

Englisch:

Malignant Hyperthermia

Testdauer:7 -10 Tage (ab Probeneingang im Labor)
Abkürzung:MH
Synonyme:Malignes Hyperthermie Syndrom
Rassen:alle Rassen
Erbgang:autosomal dominant
Betroffenes Gen:RYR1 - Ryanodine receptor 1
siehe auch: skeletal muscle calcium release channel, skeletal muscle-type ryanodine receptor
Mutation:Basenaustauch T > C (Punktmutation)
Beschreibung:Die maligne Hyperthermie ist eine genetisch bedingte Überreaktion des Körpers auf Narkosemittel, die bis hin zum Tod führen kann. Bei der Verabreichung von flüchtigen Narkosemitteln und muskelentspannenden Medikamenten oder auch durch eine starke Kraftanstrengung oder Hitzestress kommt es zu einem krankhaften Ansteigen der Kalziumkonzentration in der Skelettmuskulatur (Bagshaw et al. 1978, Bagshaw et al. 1981, Cribb et al. 1986, Otto 1992, Short & Paddleford 1973). Die Hunde sind völlig symptomlos, solange der auslösende Reiz (Trigger) fehlt. Die maligne Hyperthermie wurde auch beim Menschen und bei Schweinen (McCarthy et al. 2000) sowie zahlreichen anderen Tierarten wie beispielsweise Katzen, Pferden und Rindern beschrieben.

Das RYR1-Gen codiert einen sogenannten Ryanodinrezeptor der zur Familie von Kalziumfreisetzungskanälen gehört. Bei einer Fehlfunktion von diesem Rezeptor, hervorgerufen durch eine genetische Veränderung im Gen, funktioniert dieser nicht mehr einwandfrei, was zu einem Anstieg der Kalziumkonzentration in der Skelettmuskulatur führt.
Symptome:Die MH äußert sich bei Hunden durch ein Absinken des Blutdrucks, einer Erhöhung der Herzfrequenz sowie einem Ansteigen der Körpertemperatur und einer erhöhten Produktion von CO2. Vor dem Einsetzen der Muskelspannung im Zuge der Narkose kann es zu besonders intensiven und lange andauernden Zuckungen der Muskulatur kommen. Ohne geeignete Gegenmaßnahmen kommt es selbst nach dem Abschalten der reizauslösenden Faktoren zu einem weiteren Abfall des Blutdrucks, unregelmäßigem Puls gefolgt von Herzstillstand mit tödlichem Ausgang.
Genetische Ursache:Durch den Basenaustausch von einem Thymin durch ein Cytosin innerhalb des Gens an einer wichtigen, sogenannten konservierten Position, kommt es zu einer gestörten Funktion des Ryanodinrezeptors. Die durch Anästhetika, Hitzestress oder starke Muskelarbeit hervorgerufene erhöhte Kalziumkonzentration in der Muskulatur kann dadurch nicht mehr ins Gleichgewicht gebracht werden (Roberts et al. 2001). Die genauen Zusammenhänge zwischen der genetischen Veränderung im RYR1-Gen und der malignen Hyperthermie sind bis dato noch nicht eindeutig geklärt.
Vererbung:Die Vererbung der malignen Hyperthermie beim Hund erfolgt autosomal dominant. Das bedeutet, dass bereits eine einzige veränderte Genkopie ausreichend ist, um eine maligne Hyperthermie zu entwickeln. Aufgrund dessen, dass MH-betroffene Tiere ohne klinische Symptome sind, kann es durchaus sein, dass die MH über die gesamte Lebenszeit nicht diagnostiziert wird. Umso wichtiger ist es, Merkmalsträger durch die genetische Testung zu identifizieren.
Zuchtrelevanz:Bei dominanten Erbgängen, reicht bereits das Vorhandensein einer einzelnen veränderten Genkopie des RYR1-Gens aus, um an maligner Hyperthermie zu erkranken. Der Defekt wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % an die Nachkommen weitergegeben. Selbst durch die Verpaarung mit einem MH-freien Hund, gehen zu 50 % Merkmalsträger (affected) aus der Zucht hervor. Dementsprechend ist von solchen Verpaarung dringend abzuraten.

Mittels genetischem Test, welcher basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen durchgeführt wird, kann eine Veränderung des verantwortlichen Gens eindeutig nachgewiesen werden. Die daraus gewonnenen Informationen über die genetische Veranlagung des untersuchten Tieres ermöglichen dem Züchter eine genaue Planung zukünftiger Verpaarungen.
Genotypen:Nachfolgende Genotypen können für die maligne Hyperthermie gegeben sein:

N / N
MH-frei (clear)
Der Hund besitzt 2 normale Gene und kann kein krankes RYR1-Gen an seine Nachkommen weitergeben.

N / MH
MH-Merkmalsträger (affected)
Der Hund besitzt 1 normales und 1 verändertes RYR1-Gen. Die Veränderung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit unter Reizauslösung zu Krankheitssymptomen führen. Das veränderte Gen wird mit 50%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.

MH / MH
MH-Merkmalsträger (affected)
Der Hund besitzt 2 veränderte RYR1-Gene. Die Veränderung wird unter Reizauslösung zu Krankheitssymptomen führen. Die veränderten Gene werden mit 100%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.
Testablauf:Die Analysen werden in unserem Labor basierend auf Mundschleimhautabstrichen des zu testenden Tieres durchgeführt. Mittels Online-Formular können Sie ein Probenset ordern, das die nötigen Utensilien inklusive einer genauen Beschreibung für eine sichere und einfache Probenentnahme beinhaltet. Das Testresultat wird Ihnen per Mail bzw. auf Wunsch per Post zugesendet.
Literatur:
Short, C. E., and Paddleford, R. R. (1973) Malignant hyperthermia in the dog (letter). Anesthesiology 39, 462-463

Bagshaw, R. J., Cox, R. H., Knight, D. H., and Detweiler, D. K. (1978) Malignant hyperthermia in a Greyhound. Journal of the American Veterinary Medical Association 172, 61-62

Bagshaw, R. J., Cox, R. H., and Rosenberg, H. (1981) Dantrolene treatment of malignant hyperthermia. Journal of the American Veterinary Medical Association 178, 1129

Cribb, P. H., Olfert, E. A., and Reynolds, F. B. (1986) Erythrocyte osmotic fragility testing and the prediction of canine malignant hyperthermia susceptibility. The Canadian veterinary journal. La Revue Veterinaire Canadienne 27, 517-522

Otto, K. (1992) [Malignant hyperthermia as a complication of anesthesia in the dog]. Tierarztliche Praxis 20, 519-522

McCarthy, T. V., Quane, K. A., and Lynch, P. J. (2000) Ryanodine receptor mutations in malignant hyperthermia and central core disease. Human Mutation 15, 410-417

Roberts, M. C., Mickelson, J. R., Patterson, E. E., Nelson, T. E., Armstrong, P. J., Brunson, D. B., and Hogan, K. (2001) Autosomal dominant canine malignant hyperthermia is caused by a mutation in the gene encoding the skeletal muscle calcium release channel (RYR1). Anesthesiology 95, 716-725