DLA – GENETISCHE VIELFALT ODER NICHT?
„Genetische Vielfalt oder nicht?“ – DLA-Gene helfen die Antwort zu finden
Welcher Züchter kennt es nicht, das leidige Thema genetisch bedingter Erkrankungen unserer Rassehunde. Beinahe täglich gibt es verschiedenste Berichte über neue Erbkrankheiten die unsere vierbeinigen Begleiter quälen. Zu allem Überfluss kommen immer häufiger auch noch Autoimmunerkrankungen hinzu, bei denen wir gerade in den letzten Jahren einen dramatischen Anstieg verzeichnen konnten. Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktionen, diverse Formen von Allergien und viele weitere Erkrankungen würden wir eigentlich dem Menschen zuschreiben. Tatsächlich aber gehören sie bei vielen Rassehunden mittlerweile schon fast zum guten Ton. Autoimmunerkrankungen zählen zu den komplexen Erkrankungen. Das bedeutet, dass neben einer genetischen Veranlagung auch das Mitwirken von verschiedensten Umweltfaktoren für ihre Entstehung notwendig ist. An sich harmlose Infektionen oder auch Impfungen können solche Auslöser darstellen. Eine Überreaktion von Zellen des Immunsystems kann beispielsweise nicht nur zur Bekämpfung eines Virus führen, sondern auch zur Zerstörung von körpereigenen Zellen, wie zum Beispiel die der Schilddrüse. Dies kann in weiterer Folge in einer Autoimmunerkrankung resultieren.
Und was machst du so? – Funktionen der DLA-Gene im Immunsystem
Eine wichtige Rolle in der Immunabwehr, aber auch in der Entstehung von Autoimmunerkrankungen haben bestimmte Gene des Immunsystems, genauer gesagt des Major Histocompatibility Complex, kurz MHC. Insgesamt gibt es drei MHC-Klassen (I, II und III), wobei jede Klasse andere Funktionen im Immunsystem übernimmt. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der MHC-Klasse II, zu der die drei DLA-Gene (Dog Leukocyte Antigen) DLA-DRB1, DLA-DQA1 und DLA-DQB1, zählen. Sie werden auch in diesen Dreierpaketen, den sogenannte Haplotypen, an die nachfolgende Generation weitervererbt.[/vc_column_text]
Bestimmte Zellen des Immunsystems (Antigenpräsentierende Zellen) besitzen sogenannte MHC II Rezeptoren auf ihrer Oberfläche. Sie sind die Produkte der DLA-Gene. Die Rezeptoren fixieren Bakterienteile und präsentieren sie anderen Zellen des Immunsystems z.B. T-Zellen. In weiterer Folge werden die Bakterien zerstört und unschädlich gemacht.
DLA-Gene werden in der frühen Phase von Abwehrreaktion gegen Krankheitserreger in den Kampf geschickt um diese zu zerstören (siehe Comic). Von diesen Genen gibt es zahlreiche verschiedene Varianten (Allele). Eine möglichst große genetische Vielfalt an Genvarianten ist unverzichtbar für unsere Hunde, denn nur so können unsere Vierbeiner schnell auf unterschiedlichste Infektionen oder sich verändernde Umweltbedingungen reagieren. Bis heute wurden weit über 170 Genvarianten in unzähligen Hunderassen gefunden, aber nur mehr sehr wenige dieser Kombinationen stehen unseren Rassehunden tatsächlich noch zur Verfügung. Im Schnitt gibt es 5 verschiedene Haplotypen pro Rasse, wobei einer mit hoher Häufigkeit, zwei mit etwa 20% und einer oder zwei mit geringer Häufigkeit bei allen Hunden einer Rasse vorkommen.
Wie wichtig ist genetische Vielfalt und Heterozygotie?
Beispiele aus der freien Natur, wie das der russischen Polarfüchse (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22408734) zeigen uns, wie wichtig genetische Vielfalt und Heterozygotie (zwei unterschiedliche Genkombinationen in den DLA-Genen) für eine erhöhte Resistenz gegenüber Infektionen ist. Vor etwas mehr als einem Jahrhundert wurden die auf unterschiedlichen Inseln lebenden Polarfuchs-Populationen aufgrund einer Räudeepidemie stark dezimiert. Eine Population konnte sich wieder sehr gut erholen, die andere kämpft noch heute mit hohen parasitären Infektionsraten. Bei der Typisierung der DLA-Gene wurde festgestellt, dass die gesunden Tiere eine hohe genetische Variabilität in den DLA-Genen besitzen, während die Anderen alle die gleichen Genkombinationen aufweisen. Die genetische Vielfalt und die Heterozygotie scheint auch hier eine höhere Resistenz gegen Räude hervorzurufen!
Mehr genetische Vielfalt in der Liebe
DLA-Genkombinationen übernehmen nicht nur wichtige immunologische Funktionen. Der Verlust von Genvarianten stellt auch einen ersten „Indikator“ für einen Verlust der genetischen Vielfalt durch Inzucht dar. Die Heterozygotie der DLA-Gene ist auch ein großes Thema in der Partnerwahl. Beim Menschen, aber auch bei Mäusen, Fischen oder Vögeln haben Untersuchungen gezeigt, dass Weibchen Partner mit möglichst unterschiedlichen MHC-Genen (inkludieren die DLA-Gene) für die Fortpflanzung bevorzugen. So kann gewährleistet werden, dass die Nachkommen eine optimale genetische Ausstattung bekommen, was das Überleben der Nachkommen sichern soll. In diesem Fall spricht man auch vom Heterozygotenvorteil. Dieser besagt generell, dass Lebewesen mit unterschiedlichen Genvarianten (heterozygot) einen größeren Fortpflanzungserfolg haben, als jene mit identen Genvarianten (homozygot). Dank dieses Phänomens bleibt auch die genetische Vielfalt erhalten, weil sie für einen Überlebensvorteil sorgt. In der heutigen Hundezucht übernimmt der Mensch die Entscheidung der Partnerwahl und der Urinstink unserer Hunde wird vernachlässigt. Umso wichtiger ist es, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln für mehr Variabilität zu sorgen und so den Nachkommen unserer Hunde ein möglichst gesundes Leben zu ermöglichen!
Relevanz der DLA-Gene in der Zucht
DLA-Genkombinationen geben vielfältigen Aufschluss. Sie stehen einerseits für ein funktionierendes Immunsystem, bestimmte Kombinationen sind andererseits aber auch mit Autoimmunerkrankungen assoziiert. Um für eine höhere genetische Variabilität in den DLA-Genen zu sorgen, scheint es ein vernünftiger Schritt zu sein, diese Gene in zukünftige Zuchtplanungen miteinzubeziehen, genauso wie die anderen züchterisch relevanten Faktoren. Schlussendlich ist es das Immunsystem, das einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheit unserer Hunde leistet und nur wenn es die nötige genetische Ausstattung hat, kann es auf wechselnde Umweltbedingungen adäquat reagieren.
Doch welche Rolle spielen nun die DLA-Gene in der modernen Hundezucht wirklich?
Und wie kann man durch richtige Partnerwahl die genetische Vielfalt erhöhen?
Lesen Sie was es mit den MHC-Genen auf sich hat: MHC-Gene bei der richtigen Partnerwahl
Aus diesem Grund haben wir die DLA-Haplotypenanalyse weiterentwickelt und können nun Jedem eine umfassende genetische Analyse anbieten. In unserem Labor führen wir eine DLA-Typisierung mittels Mundschleimhautabstrich oder auf Wunsch mittels Blutprobe durch. Dank des DLA-Nachweises können noch vor einer Verpaarung die Zuchtpartner getestet und mögliche Genkombinationen der Nachkommen ermittelt werden. Dabei sollte Wert darauf gelegt werden, dass aus Verpaarungen keine Nachkommen mit identen Genkombinationen hervorgehen. Die Ergebnisse werden zusätzlich mit Genkombinationen bekannter Autoimmunerkrankungen abgeglichen, was eine Risikoabschätzung für die jeweilige Erkrankung zulässt.
Die DLA-Haplotypenbestimmung können Sie direkt in unserem Online Shop bestellen.
Wir haben dazu auch bereits eine Studie veröffentlicht, die wir in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Retriever Club durchgeführt haben. Mehr zu dieser Studie sowie die Ergebnisse finden Sie unter DLA-Haplotypenstudie.
Sie möchten mehr zu diesem Thema wissen, interessieren sich für eine Zusammenarbeit oder Studie mit uns, dann kontaktieren Sie uns über unser Kontaktformular.
Diesen Betrag teilen via: